Holla die Bierfee

Holla die Bierfeee

Auf der Suche nach Brauerinnen habe ich dieses ganz besondere Schmankerl gefunden: Drei Brauerinnen, die sich zur Gemeinschaft „Holla die Bierfee zusammen geschlossen und ein Bier für Frauen entwickelt haben – mit Label in Pink! Und bevor ich nur einen Schluck davon probiert habe, fand ich genau diese zwei Dinge schon genial. Ein Bier für Frauen, das nichts mit einem Biermischgetränk zu tun hat (aber davon später) und das Pink! Was – wo doch alle so darüber schimpfen, dass Mädchen immer Pink zugewiesen wird und Jungs Blau? Ja genau, und das liegt doch meiner Meinung nach nur daran, dass man Jungs Pink verbietet! Deswegen habe ich mich ja auch nach langen Überlegungen doch für das Dunkellila der Culinary Ladies entschieden. Ich mag’s halt! Aber, entschuldigung, hier geht es ja nicht um Farben, sondern um Bier. Wie also kam’s zum Frauenbier? 

Am Frauen Stammtisch 

Die gelernten Brauerinnen Gisela Meinel-Hansen ihre Schwester Monika Meinel-Hansen, Isabella Straub und Yvonne Wernlein aus wunderschönen Oberfranken saßen eines Tages zum kleinen Stammtisch zusammen und stellten fest: „Kein Frau um uns herum trinkt Bier, alle nur Aperol Spritz“.  Doch gerade Aperol ist ja auch deutlich bitter, an der Bitterkeit von Bier konnte es daher nicht liegen. Sie betrieben Marktforschung und stellten sehr schnell fest, dass ein Bier für Frauen nicht nur besonders gut riechen muss, sondern dass viele Frauen auch einfach nicht gern gleich eine Maß oder auch eine Halbe bestellen. 

Nix mit Limo oder Saft 

Obwohl es ja mittlerweile viele Craftbeer-Sorten mit kreativen Flaschen und Etiketten gibt, „gehen die Leute witzigerweise, wenn sie unser Bier sehen, automatisch davon aus, dass bei einem Bier für Frauen doch sicher Limo oder Saft beigemischt ist und es wenig Alkohol hat“, lacht Isabella Straub. Ich muss zugeben, genau solche Biermischungen habe ich bisher auch als „Mädchenbier“ bezeichnet und ganz gerne getrunken. Aber die pinke Bierfee, die es das ganze Jahr gibt, sowie mittlerweile das zweite Ladiesbier für den Wintern, sind absoulte „echte“ Biere: 

Die pinke Bierfee – Dinkel Ale 

Es ist ein Dinkelale mit Dinkelmalz gebraut. Für Bierkenner: In der zweiten Gärung wurde mit einer Prosecco Hefe vergoren, damit das Bier am Ende ein bisschen trockener schmeckt. Da ja der Apero das Vorbild war, sollte die Farbe eines Sundowners entstehen und im Geschmack eine leichte Bitternis, die aber nicht, wie bei so manchen Bieren, in der Zunge hängt, sondern schnell wieder verschwindet. Um das zu erreichen, haben die drei jungen Brauerinnen Aromahopfen verwendet. So hat das Dinkelale auch einen „betörenden Duft nach Mandarine, Pfirsich und Bitterorangen“, wie die Bierfeen es selbst beschreiben. 

Winterbier – Lady Porter 

Das Lady Porter  – mit türkisfarbenem Etikett – ist ein sehr dunkles Bier, das geschmacklich fast ein wenig in die Schokoladenrichtung geht. Hier wurde in der zweiten Gärung Burgunderhefe, also eine Rotweinhefe, zugegeben. Dazu acht verschiedene Malze. Und acht Prozent Alkohol ist genau richtig für den kalten Winter! 

Moni BIerfee
Bierfee Moni

Die Malzfee, die Hefefee und die Hopfenfee 

Alle drei Frauen haben die beiden Biere gemeinsam entwickelt, doch weil jede so ihre besonderen Vorlieben hat, wurden aus Monika die Hefefee, aus Gisela die Hopfenfee und aus Isabella die Malzfee. Alle drei haben eine Lehre und die Meisterschule zur Brauereimeisterin absolviert. Und da hab ich gleich etwas gelernt: Bisher dachte ich immer, dass man Braumeister studiert, doch Monika Meinel-Hanse klärt mich auf: „Brauer ist ein Handwerksberuf.

Bierfee GiselaDoch die drei Bierfeen sind alle im elterlichen Brauereibetrieb groß geworden: Isabelle Mereien in der familiengeführten Hotel & Brauereigasthof „Drei Kronen“ in Memmelsdorf bei Bamberg, dessen Geschichte bis auf das Jahr 1457 zurückgeht, Monika und Gisela Meinel- Hansen in der Familienbrauerei Meinel-Bräu, die schon 1731 in Hof gegründet wurde. 

Alle drei jungen Frauen haben nach der Lehre und Meisterschule (Monika schloss ihre Ausbildung als jüngste Braumeisterin ab) auch Erfahrungen im Ausland gemacht, bevor sie nach Hause zurückkamen, um die Familienbetriebe (zum Teil gemeinsam mit ihren Partner zu übernehmen). Und alle drei lieben ihren Beruf 

Bierfee IsabellaBrauerin, das ist fünf Berufe gleichzeitig 

Isabella Mereien: „Manche denken ja, als Brauer trinkt man nur den ganzen Tag (sie lacht): Dabei ist dieser Beruf total komplex. Das fängt an mit dem Wissen über die verschiedenen Rohstoffe und über die biochemischen Vorgänge beim Brauen. Und geht bis zur Mechanik, wenn du zu Beispiel eine Flaschenfüllerei hast. Da kannst du auch nicht immer gleich einen Mechaniker rufen, wenn irgendwas kaputt ist.“ Dazu kommen in den Familienbetrieben noch Buchhaltung, Brauereiführungen und Vertrieb. 

Männer- oder Frauenjob? 

Noch gibt es mehr Männer, die Braumeister lernen, doch die Frauen sind am Aufholen. Und durch die Technik hat sich auch viel geändert. „Nur Ausliefern, das mache ich nicht“, gibt Isabella zu. „Denn wenn man dann die 30 Literfässer hat, die ja mit dem Holz gut 40 Kilo wiegen, und muss die dann in den Keller schaffen, ne sorry, das kann ich nicht, das muss dann mein Mann machen. Aber sonst würde ich auch alles alleine schaffen.“ Nur im Moment ist sie ein bisschen zurückhaltender, weil ihre zwei sehr kleinen Kindern sie auch ganz schön auf Trab halten.  

Historisch reine Frauensache 

Aber Monika weist mich auch auf etwas hin, das mir gar nicht so bewusst war: „Eigentlich war Bierbrauen ganz früher immer reiner Frauenjob. Das Brauen gehörte nämlich zur Hauswirtschaft dazu.“ Und Isabella verehrt nicht umsonst Hildegard von Bingen. Die Benediktiner-Äbtissin (1098 bis 1179) schrie als erste Naturforscherin überhaupt in ihrem Buch „Von dem inneren Wesen der Naturen“ darüber, was der Hopfen im Bier bewirkt  

Kaffeekränzchen war ursprünglich Bierkränzchen 

Das hat mich neugierig gemacht und ich bin auf eine weitere witzige geschichtliche Wahrheit gestoßen: Im Mittelalter gehörte zur Mitgift einer Frau auch ihr Braukessel! Und nach dem Brauen luden Frauen ihre Nachbarinnen tatsächlich zu einem Bierkränzchen ein, bei dem auch Brot ins Bier getunkt und dann gegessen wurde. Schade eigentlich, dass sich daraus, die eher spießigen Kaffekränzchen entwickelt haben. Aber: Die drei Bierfeen möchten ja gerne Frauen-Bierstammtische gründen – das wäre doch der perfekte historische Anstoß dazu. 

Zum Schluss muss ich natürlich noch eine Frage stellen: Trinken denn auch Männer das Frauenbier? 

Isabelle Mereien: Also mein Mann sagt immer. „Wenn man mal über das pinke Etikett hinwegkommt, dann ist es ein sehr gutes Bier!“ 

Lieber Herr Mereien, um nochmal historisch zu werden. Das mit den Farben ist alles ein Schmarrn und kann sich ganz schnell wieder ändern. Denn, wie die Süddeutsche Zeitung in einem Artikel vom 19. Oktober 2013 schreibt. Es gilt die generell anerkannte Regel, dass Pink für Jungen gebräuchlich ist und Blau für die Mädchen“, heißt es 1918 in einem amerikanischen Branchenblatt für Kinderbekleidung. „Der Grund liegt darin, dass Pink eine entschlossenere und stärkere Farbe ist, die Jungen eher entspricht, während Blau, das zarter und eleganter ist, hübscher für das Mädchen ist.“ Ich sag’s ja  – ein Schmarrn.